„Gewalt gegen Frauen*“
Feministisches Straßentheater zum 8. März 2016 – in Form einer „Fernsehreportage“ und mit eindrücklichen Symbolen zeigten wir auf, dass Gleichberechtigung nur ein hohles Wort bleibt, solange die multiple Gewalt an Frauen* weltweit praktiziert und weitgehend ignoriert wird. Die Reportage berichtet über den aktuellen Zustand patriarchaler Verhältnisse am Beispiel der alltäglichen Gewalt gegen Frauen – in Form von sexuellen Übergriffen, Gewalt gegen Frauen auf der Flucht, Zwangsprostitution und Genitalverstümmelung.
Im zweiten Teil wagten wir eine Vorschau auf den 8. März 2025 und präsentierten die zukünftigen Erfolge der Frauen*bewegung.
Fernsehreportage 2016:
Meine Damen und Herren, willkommen zu einem „Feministische Perspektiven Spezial“ anlässlich des heutigen Weltfrauentags am 8. März 2016. Wir beschäftigen uns heute mit der Frage, ob wir überhaupt noch Feminismus und einen Weltfrauentag brauchen oder ob wir die Gleichberechtigung nicht schon längst haben.
Unser erster Gast arbeitet in einem Frauenhaus. Herzlich Willkommen in der Sendung Frau Mutig! In Deutschland haben es die Frauen ja nun wirklich gut und können sich eigentlich nicht beschweren.
- Ja, ganz prächtig ist es hier. Die Frauenhäuser finden großen Anklang und sind hoffnungsvoll überfüllt.
Das ist ja schön. Hier in unserem christlichen Abendland wird eben viel für Frauen getan. Toll!
- Ja es ist toll, dass so viele Frauen Zuflucht finden, weil sie zu Hause von ihren Männern verprügelt, misshandelt und gedemütigt werden. 25% der in Deutschland lebenden Frauen haben körperliche oder sexuelle Gewalt oder beides durch ihre Partner oder Ex-Partner erlebt.
Aber wir leben doch in einem der fortschrittlichsten Länder der Welt. Hier wird sogar Vergewaltigung in der Ehe bestraft.
- Ja. Nach langem Ringen wurde endlich 1997 Vergewaltigung in der Ehe als Straftat eingestuft. Allerdings kommt es kaum zu Verurteilungen der Täter. Was man allerdings immer noch ungestraft machen darf, ist Frauen belästigen, Frauen beleidigen, Frauen anfassen. Dies passiert fast allen Frauen in ihrem Leben immer wieder. Sexualisierte und sexuelle Gewalt passiert auf der Straße, im Park, in der U-Bahn, in der Arbeit. Zu jeder Tageszeit. Frauen werden immer noch als permanent verfügbares Sexobjekt betrachtet, zu diesem Frauenbild tragen auch oft Werbung und Medien bei.
Aber im Kampf gegen Gewalt an Frauen haben Sie doch jetzt ganz viel Unterstützung von deutschen Männern, ist das nicht super?
- Ja, die Wandlung von Sexisten zu Verteidigern der Rechte der deutschen Frau ist beeindruckend. Aber wir brauchen keine Rassisten, die uns verteidigen. Wir sagen: Nein heißt nein, das gilt für alle Männer.
Wenden wir uns einem erfreulicheren Thema zu – dank der Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Merkel kommen viele Frauen in den Genuss der deutschen Willkommenskultur. Mein nächster Gast ist Frau Wohlmut-Unbehagen, sie ist Sozialarbeiterin in einem Flüchtlingsheim in Nürnberg. Guten Tag Frau W.-U.
Sie können uns sicher sagen, warum Frauen aus aller Welt hierher zu uns flüchten?
- Viele Frauen sind in ihrem Heimatland brutaler häuslicher Gewalt durch ihren Ehemann oder ihre Familie ausgeliefert. Sie fliehen vor Ausbeutung und Unterdrückung und vor drohender Zwangsverheiratung. In einem Land, in dem Krieg und Terror herrscht, sind Mädchen und Frauen häufig sexualisierter Gewalt ausgesetzt, die in militärischen Konflikten als Kriegsstrategie eingesetzt wird. Lt. Amnesty International ist Angst vor Vergewaltigung und sexuellen Übergriffen für Frauen einer der wichtigsten Gründe Syrien zu verlassen. Oder frau denke an die unvorstellbaren Gräuelberichte über Mädchen und Frauen der Jesiden, die durch die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat als Sexsklavinnen im Irak verschleppt wurden, an die unzähligen schrecklichen Übergriffe im extrem frauenfeindlichen Afghanistan und in Nigeria durch Boko Haram. Zudem ist eine Flucht für Frauen weitaus gefährlicher als für Männer.
Warum das denn?
- Allein weil sie es nicht gewohnt sind, sich in ihren Heimatländern frei auf der Straße zu bewegen, sie sind häufig Analphabetin und können z.B. nicht schwimmen. Frauen fliehen allein, sind schwanger oder mit ihren Kindern unterwegs. Auf der Flucht droht ihnen Vergewaltigung und Zwangsprostitution. Viele der Frauen sind oft Monate oder jahrelang unterwegs und viele von ihnen schaffen es nicht, in sichere Länder zu kommen.
Tatsächlich?
- Weltweit sind 50% der Flüchtenden Frauen. Aber in Deutschland z.B. waren im Jahr 2014 nur etwa ein Drittel der Asylantragsteller Frauen.
Bestimmt sind diese Frauen glücklich und dankbar für die sichere Unterkunft in deutschen Flüchtlingsheimen.
- Oh ja, die Frauen sind dankbar hier aufgenommen zu sein. Doch auch hier sind sie Gewalt und Übergriffen ausgesetzt. Auch in Nürnberg müssen Frauen in überfüllten Gemeinschaftsunterkünften ohne Geschlechtertrennung Angst vor Übergriffen haben. Die Schlafbereiche sind meist nur notdürftig voneinander getrennt und Waschräume können nicht abgesperrt werden. Frauen ohne männliche Begleitung werden in den Unterkünften ständig angemacht, zu Sex aufgefordert und unterdrückt. Nicht zuletzt kommt noch die Angst vor drohenden Anschlägen rechtsextremer Gruppen hinzu.
Vielen Dank für dieses Interview Frau Wohlmut-Unbehagen. Offensichtlich ist auch die Situation von geflüchteten Frauen verbesserungswürdig…
Aber lassen wir doch auch mal einen Mann zu Wort kommen. Sie haben durch Ihren Beruf viel mit Frauen zu tun – Wie haben Sie das vergangene Jahr erlebt?
- 2015 war ein gutes Jahr für mich. Ich hab meine Zulieferstrukturen optimiert. Meine Ware kam v.a. aus Rumänien und Moldawien, überhaupt Osteuropa, aber fallweise beziehe ich sie auch aus Afrika, Ost- und Südostasien sowie Lateinamerika.
Ihre Ware?
- Am liebsten importiere ich Mädchen, so zwischen 14 und 17 Jahren. Die verkaufen sich auf dem Sexmarkt am besten und bieten die höchsten Gewinnspannen. Aber auch kleine Jungs lassen sich gebrauchen und zum Beispiel zum Betteln einsetzen.
- Ziemlich praktisch für mein Gewerbe ist die rechtliche Situation in Deutschland. Ein Großteil meiner Ware ist ja illegal hier. Ich hab ihnen versprochen, dass sie im reichen Deutschland z.B. einen Job als Dienstmädchen bekommen. Naja, und so was Ähnliches sind sie ja dann auch. Wenn sie fleißig sind und ordentlich anschaffen gehen, dann können sie mir viele Jahre lang meine Investitionen in ihren Transport und Arbeitsvermittlung zurückzahlen. Das lohnt sich schon. Vor allem für mich. Sie können ja auch nicht einfach abhauen, denn wenn sie zur Polizei gehen, werden sie abgeschoben.
- Also meine Kollegen und ich, wir investieren weltweit jährlich so in etwa 700.000 Frauen und machen dabei einen Profit, der in die Milliarden geht. Also, ja, 2015 war ein gutes Jahr und ich bin optimistisch, dass das auch 2016 so weitergeht.
Wirklich sehr interessant, vielen Dank für ihre Meinung zu dem Thema.
Lassen sie uns nun einen Blick ins Ausland werfen, denn dort hat sich, denke ich doch, auch vieles für Frauen zum Positiven verändert, schließlich trat doch 2014 die Istanbuler Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen in Kraft, die von zahlreichen Ländern unterschrieben wurde. Dazu schalten wir jetzt nach Kairo zu unserer Auslandskorrespondentin Amazing?? Amazonka.
Frau Amazonka, was können Sie uns denn Positives zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen berichten?
- Dazu kann ich nur sagen: Papier ist geduldig, denn beispielsweise werden noch immer 8000 Mädchen weltweit täglich beschnitten. Die Genitalverstümmelung oder Beschneidung bezeichnet eine brutale Gewaltanwendung und Menschenrechtsverletzung. Schätzungen von Unicef gehen von mindestens 200 Mill. Frauen weltweit aus, die durch radikale Beschneidung ihrer Klitoris verstümmelt sind
Das hört sich ja ganz grauenvoll an. Glücklicherweise spielt sich diese archaische Zeremonie aber doch nur bei eingeborenen Stämmen irgendwo im afrikanischen Busch ab, oder?
- Leider nein! Genitalverstümmelung ist ein weltweites Phänomen und wird in über 30 Ländern an Mädchen praktiziert. Obwohl gesetzlich verboten sind in Ägypten z.B. 91 % der Frauen betroffen! Im Subsahararaum und Afrika ist diese Form der Gewaltanwendung an Frauen zwar am weitesten verbreitet, doch auch Frauen im Nahen Osten sind betroffen, und auch die Muslima in Indonesien sind zu 99 % verstümmelt. Selbst in Deutschland leben 25.000 verstümmelte Mädchen und Frauen (Terre des Femmes), oft werden junge Migrantinnen in den Schulferien bei einem Besuch in der Heimat verstümmelt.
Einfach entsetzlich! Warum tut man den Frauen nur so etwas an?
- Genitalverstümmelung wird vorgenommen zur Kontrolle der weiblichen Sexualität, um Temperament und Libido von Frauen zu kontrollieren. 25 % der Frauen sterben aber an unmittelbaren oder an langfristigen Folgen der Verletzungen (Schätzungen WHO) In Deutschland und in vielen Ländern ist die Beschneidung gesetzlich verboten, sie wird aber trotzdem praktiziert! Genitalverstümmelung ist eine Verletzung des Rechts auf körperliche Unversehrtheit, auf Schutz vor Gewalt und des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung.
Ihr drastischer Bericht klingt einfach ungeheuerlich Frau Amazonka und das im 20. Jahrhundert!
Leider sind wir schon wieder zum Ende mit dieser schönen Sendung gekommen verehrte Zuschauer – jetzt wünschen wir ihnen weiter viel Spaß mit dem folgenden Programm…
Fernsehreportage 2025:
Meine Damen und Herren, willkommen zu unserer Sendung „Feministische Perspektiven Aktuell“ am 8. März 2025
Die Schlagzeilen des Tages:
- Der Artikel 1 des Grundgesetzes ist tatsächlich umgesetzt: die Würde aller Menschen ist unantastbar.
- Friedenserziehung und Selbstbehauptung stehen im Lehrplan aller Schulen.
- Jeder Mensch kann jede oder jeden lieben, ohne diskriminiert zu werden.
- Die Geschlechterrollen sind aufgehoben – jedes Individuum wird wertgeschätzt durch ihre oder seine besondere und einmalige Persönlichkeit.
- Den freien Frauen von Rojava wird der Friedensnobelpreis verliehen.
- Die Wörter Mann und Frau werden zu den Unwörtern des Jahres 2025 gewählt – die patriarchalen Strukturen sind überwunden.
- Die Nationalgrenzen sind aufgehoben – Jeder Mensch kann sich frei bewegen und entfalten.
- Die körperliche Unversehrtheit und sexuelle Selbstbestimmung jedes Menschen ist weltweit selbstverständlich.